Kunsthandwerk in Zeiten von Covid19

Die spanische Originalversion dieses Textes wurde am 31.5.2020 von IDECA publiziert und stellt den ersten Teil einer Artikelserie dar, die die so genannten Kollateralschäden der Coronakrise analysiert. Die Zahlen wurden für die deutsche Version aktualisiert. 

13 Wochen Ausnahmezustand mit Quarantäne, Ausgangssperre, Maskenpflicht einer starken Militär- und Polizeipräsenz auf den Strassen – wohin hat uns das geführt? Zu über 200’000 bestätigten Fällen von Covid19, mit einem rapiden und konstanten Anstieg ab der dritten Quarantänewoche. Einige sagen, Schuld daran sei die Verantwortungslosigkeit der peruanischen Bevölkerung, die sich nicht an die verhängten Massnahmen hält. Andere beginnen sich zu fragen, ob diese Massnahmen für ein Land wie Peru überhaupt realistisch und angemessen sind.

Doch was sich zweifellos immer mehr zeigt, ist dass die so genannten Kollateralschäden viel schlimmer sind als die Gefahr, die vom Virus an sich ausgehen: Die finanzielle Situation eines Grossteils der peruanischen Bevölkerung ist prekär, da seit bald drei Monaten riesige Einkommenslücken bestehen. Diejenigen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von etwas anderem als Nahrungsmitteln bestreiten, haben praktisch keine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Einer der Sektoren, die besonders stark betroffen ist, ist der des Kunsthandwerks. Gemäss des Vereins Pueblos Artesanos, der Kunsthandwerker_innen aus allen Regionen Perus verbindet, gefährdet die aktuelle Situation das Überleben von tausenden von Familien, die vom Kunsthandwerk leben. Einerseits können sie ihre Produkte nicht mehr auf den lokalen Märkten anbieten, wo bis Ende Mai nur Lebensmittel verkauft werden durften – seit Anfang Juni sind Elektrogeräte und Kleider dazugekommen. Anderseits fallen mit dem kompletten Zusammenbruch des Tourismus ihre wichtigsten Kund_innen weg. Gemäss dem Tourismusministerium sind im nationalen Register mehr als 80’000 Kunsthandwerker_innen eingeschrieben, 74 Prozent davon sind Frauen. Insgesamt wird geschätzt, dass es landesweit 200’000 Kunsthandwerker_innen gibt, die meisten von ihnen werden als «arm» eingestuft und leben von den Tageseinnahmen.

«Wir werden für sehr lange Zeit nichts verkaufen können»

In Zeiten der Quarantäne muss man kreativ sein, wenn man überleben will. Ylda Alejandrina Ochoa Páez, Präsidentin der Aymara Frauenorganisation OMABASI von Desaguadero (Puno), hat eine Schneiderei und fertigte traditionelle Kleidung der Region an, bis sie ihr Geschäft auf Grund der Quarantänemassnahmen schliessen musste. «Am Anfang habe ich sehr unter der Situation gelitten», erzählt sie. «Ich hatte nur noch 10 Soles in der Tasche, da ich gerade meine Angestellten und die Ladenmiete bezahlt hatte.» Sie war verzweifelt, weil sie nicht wusste, wie es weitergehen sollte, doch eine Freundin riet ihr, anstatt Kleidung Masken zu produzieren. Dies hat sich bewährt – in den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass sie damit nicht nur ihre Familie über Wasser halten, sondern sogar ihre Angestellten weiter beschäftigen kann. «Gott sei Dank verfüge ich über die nötigen Geräte, Stoffe und Fähigkeiten, um diese Möglichkeit zu nutzen. Doch nicht alle sind in dieser glücklichen Situation.» Da sie sich bewusst ist, wie sehr andere Menschen leiden, versucht Ylda im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch Hilfe zu leisten: «Wenn ich alte oder arme Leute sehe, zum Beispiel in den endlos langen Schlangen vor den Banken, schenke ich ihnen Masken.» Dies ist tatsächlich hilfreicher, als es klingt, denn in Peru herrscht Maskenpflicht, und dies ist für viele Familien ein zusätzlicher Kostenpunkt.

Deomila Candia Mamani, die OMABASI-Präsidentin von Juli (Puno) und gleichzeitig Präsidentin des Kunsthandwerk-Vereins Asociación de Artesanas Bartolina de Olla befindet sich in einer schwierigeren Lage: «Wir können zurzeit überhaupt nichts verkaufen, und wie uns gesagt wurde, wird dies wohl noch bis Ende Jahr so bleiben, vor allem auch weil keine Touristen kommen können. Wir sind aufgeschmissen und haben auch keins der  Hilfspakete der Regierung bekommen, von denen alle reden.» Ende April haben sich die Frauen sich in Juli versammelt, um darüber zu diskutieren, welche Auswege es für sie gibt und inwiefern sie Unterstützung von staatlicher Seite fordern könnten, doch die Versammlung wurde von einer Militärpatrouille sofort aufgelöst, es hiess, sie sollen sofort alle nach Hause gehen.

artesania
Quelle: miviaje.com

 

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