Danke Schweiz!

Endlich komme ich dazu, einen kleinen Rückblick auf meine Schweizreise von Mai zu posten. Wir konnten den Film «Das Blut des Flusses» an fünf Orten zeigen, zwei Mal davon im Kino, was uns sehr gefreut hat. In den nächsten Monaten geht es nun mit Vorführungen in Peru weiter.

Das beste an den Veranstaltungen waren wie immer die Gespräche und Kontakte, die sich daraus ergeben haben. Es ist jedes Mal eine grosse Freude zu sehen, dass viele, die in Vorjahren zu den Veranstaltungen gekommen sind, wieder dabei sind – und sogar noch neue Leute mitbringen. Die Rückmeldungen und die Fragen, die in den Publikumsdiskussionen gestellt werden, motivieren und und inspirieren mich. Viele Menschen kommen auch nach den Veranstaltungen auf mich zu, und es ergeben sich Dialoge, Folgeprojekte und sogar neue Freundschaften.

Diesmal war das Publikum besonders international: Ausser Peruaner*innen und Schweizer*innen kamen Menschen aus Bolivien, Guatemala, Mexiko, Ecuador und Kolumbien – und alle sagten das gleiche: «Bei uns passiert genau das gleiche mit dem Bergbau!» Die Geschichte aus Espinar, die unser Film erzählt, ist exemplarisch und wiederholt sich in allen möglichen Regionen des Globalen Südens.

Doch auch die Rückmeldung der Schweizer*innen war eindrücklich. Für viele Menschen war der Film eine Art Aha-Erlebnis – und ein Schock. Nicht nur, weil wieder einmal deutlich wird, wie ausbeuterisch und neokolonial das globale System aufgebaut ist und wie hoch der Preis unseres Konumswahns wirklich ist. Nicht wenigen fiel es wie Schuppen von den Augen, dass in der Schweiz politisch einiges schief läuft. «Wenn ich das alles gewusst hätte, hätte ich für die Konzerninitiative gestimmt», sagte etwa ein älterer Herr nach der Filmvorführung in Rapperswil. «Doch ich habe der Einschätzung des Bundesrates vertraut. Heute weiss ich, dass wir angelogen wurden.»

Fast bei jeder Veranstaltung sagte jemand: «Dieser Film muss ins Fernsehen! Es ist nicht genug, dass ihn ein paar hundert Leute sehen – diese Informationen müssen an die breite Öffentlichkeit gelangen.» Auch wurde ich wiederholt dazu aufgefordert, die Dokumentation an den Bundesrat zu senden, insbesondere an Karin Keller-Sutter, die mit ihrem Statement «Schweizer Firmen verhalten sich verantwortungsvoll gegenüber Mensch und Umwelt» nicht gerade glaubhaft rüberkommt. Einige äusserten den Verdacht, dass sie vielleicht ihre Meinung ändern würde, wenn sie die Wahrheit kennen würde. Diesbezüglich bin ich pessimistisch. Karin Keller-Sutter kennt die Wahrheit, doch diese hat eben mehrere Seiten. Und genau wie die Wirtschaftslobby hat sowohl für die Schweizer als auch für die peruanische Regierung der vermeintliche Fortschritt und Wohlstand Priorität. Was dabei – wissentlich – ignoriert wird, ist, dass dies ein Wohlstand weniger auf Kosten vieler ist. Auf Grund der Kommentare zum Film glaube ich, dass wir dies deutlich machen konnten – und damit ist eins unserer grössten Ziele mehr als erreicht: Menschen wachzurütteln und zum kritischen Hinterfragen anzuregen.

Aus Zeitmangel und weil ich meine eigenen Arbeiten oft schlecht verkaufen kann, habe ich in der Schweiz keine Medienarbeit gemacht. Dennoch sind einige Journalist*innen auf mich zugekommen, und es sind ein paar schöne Berichte entstanden, die ich hier gerne teile.

Ein bolivianischer Journalist, der in Genf lebt, ist extra nach Zürich gekommen, um den Film zu sehen und mich zu interviewen – das Resultat ist hier zu sehen.

Danke an Keri Maurer und den «Anzeiger von Saanen» für den zweiten grossen Bericht über die Bergbauthematik:

Und danke an Bettina Schnider, Andrea Moresino und das Pfarreiblatt der Stadt Luzern:


Insgesamt ist es absolut zentral für meine Arbeit, mir im Austausch mit Schweizerinnen und Schweizern immer wieder klar zu werden: Mein Land besteht nicht nur aus herzlosen Konzernen und wirtschaftshörigen Politiker*innen. Es gibt da eine riesige Zivilgesellschaft, die voll und ganz hinter sozialen Anliegen steht und sich mit allen Mitteln dafür einsetzt, der Ausbeutung ein Ende zu setzen. Menschen, die sich dafür interessieren, was jenseits des helvetischen Tellerrands passiert. Menschen die sich erschüttern lassen und die Seite an Seite mit denen kämpfen, die unter der globalen Misäre leiden. Ich kenne nur einen Bruchteil von ihnen, doch jedes Jahr darf ich ein paar mehr kennen lernen. Deshalb sage ich heute – ein Jahr nach meiner Deklaration «Ich schäme mich, Schweizerin zu sein» – DANKE SCHWEIZ! Ohne die Unterstützung meiner tollen Landsleute wäre mir schon lange die Energie ausgegangen.

An dieser Stelle möchte ich mich auch nochmals von ganzem Herzen bei allen bedanken, die uns bei unserem Filmprojekt finanziell unter die Arme gegriffen haben. Dies hat uns ermöglicht, bei der Produktion mit wunderbaren Menschen zusammenzuarbeiten und sie angemessen zu bezahlen. Ausserdem gibt es uns den Spielraum, Veranstaltungen und Projektionen in Peru zu organisieren, was mitunter eine kostspielige Sache ist. Vor allem auch, weil wir bei jeder Veranstaltung mindestens eine Person aus einer der betroffenen Gemeinden dabeihaben möchten, und Inlandreisen auch ihren Preis haben.

Es besteht die Möglichkeit, dass im Herbst weitere Filmvorführungen in der Schweiz durchgeführt werden – allerdings werde ich höchstens virtuell mit dabei sein können. Wer Interesse daran hat, den Film oder einen Ausschnitt davon irgendwo zu zeigen, darf sich gerne bei mir melden: nicole@maron.ch

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